Hohe Strompreise: Klappt das trotzdem mit dem Klimaschutz?

Strom ist das Ticket in eine treibhausgasneutrale Zukunft. Wenn er aus erneuerbaren Quellen stammt. Der Bedarf der Gesellschaft an grünem Strom wächst rasant.

In allen Lebensbereichen soll damit ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Allein die Chemie benötigt viel erneuerbaren Strom, um künftig klimaneutral produzieren zu können. Sie fordert niedrigere Strompreise für eine schnelle Energiewende. Aber auch für die Verbraucher muss Strom bezahlbar bleiben. Vor welchen Herausforderungen stehen Industrie und Verbraucher dabei? Kann Strom überhaupt wieder günstiger werden oder gefährdet der Strompreis sogar den Klimaschutz? 

Diese und andere Fragen diskutierten die Teilnehmer am 18. November 2021 mit unseren Gästen Dr. Christian Hartel (Vorstandsvorsitzender Wacker Chemie AG), Klaus Müller (Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) und Dr. Thilo Schaefer (Leiter des Kompetenzfelds Umwelt, Energie, Infrastruktur am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). 

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Über welche Themen wurde am 19.11. diskutiert? Strommarktexperte Thilo Schaefer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) stellte einleitend fest, dass die derzeitigen Strompreise eine Höhe erreicht hätten, „wie wir das lange nicht erlebt haben.“ Dringenden Handlungsbedarf für die Politik gebe es vor allem bei den staatlich bedingten Preisaufschlägen auf Strom wie die EEG-Umlage. Dies sei auch wichtig, weil Strom in Zukunft immer stärker als Ersatz für fossile Technologien nachgefragt werde.

So auch in der chemischen Industrie, für die Christian Hartel, Vorstandschef von Wacker und VCI- Präsidiumsmitglied, teilnahm. Er sagte: „Wir sehen, dass Deutschland im internationalen Vergleich die höchsten Strompreise hat. Wir bei Wacker sind zum Beispiel bei der Herstellung von Polysilizium weltweit am effizientesten. Wenn der Strompreis hierzulande aber zwei bis drei Mal höher ist als bei Wettbewerbern, lässt sich der Unterschied nicht mehr auffangen.“ Hartel forderte von der kommenden Bundesregierung Sofortmaßnahmen wie die Abschaffung der EEG-Umlage, um der heimischen Industrie einen Strompreis von 4 cent pro Kilowattstunde zu ermöglichen. Diese Höhe sei nötig, damit chemische Produktion in Deutschland wettbewerbsfähig bleiben könne, aber auch um nötige Investitionen in den Klimaschutz möglich zu machen.

Auch für Privatverbraucher sei der Strompreis mittlerweile ein Problem, kommentierte Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Zwar sei im Sinne des Klimaschutzes richtig, dass fossile Energien insgesamt teurer würden. Manche Haushalte stelle das aber vor immense Herausforderungen, sie bräuchten deshalb eine kurzfristige und zielgerichtete Entlastung. Müller teilte das Ziel, dass der Strompreis mittelfristig sinken müsse. Einen Industriestrompreis von 4 cent wie von Christian Hartel gefordert hält Müller allerdings mit fossilen Energien aber für „kaum erreichbar“, weil schon deren ökologischen Folgen teurer seien. Entlastungen für die Industrie kann sich Müller zukünftig nur aus Steuermitteln vorstellen. Wenn Menschen wie in der Vergangenheit Industrieentlastungen wie bei der EEG-Umlage über ihre Stromrechnung bezahlen müssten, „erzeugt das Frust.“

Einig waren sich alle Diskutanten darin, dass der Ausbau der Erneuerbaren und der nötigen Netze in Deutschland viel schneller gehen müssten, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Für Christian Hartel von Wacker eine Sache richtiger Rahmenbedingungen: „Das Thema Klimaschutz muss zur Chefsache ernannt werden. Wenn wir massiv Erneuerbare ausbauen und diesen Ausbau stärker europäisch denken, wird Energie günstiger werden.“

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