Schnell und zuverlässig testen
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie muss schnell und zuverlässig festgestellt werden, wer mit dem Virus infiziert ist. Nur so lässt sich dessen Ausbreitung gezielt eindämmen. Die Diagnostika-Industrie entwickelt und produziert verschiedene Testverfahren hierfür – und bedient eine weltweit hohe Nachfrage. Die Life-Science-Research-Industrie ermöglicht dabei mit ihren Technologien die Erforschung des Coronavirus und ist in der Entwicklung und Produktion von Tests engagiert.
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- Darauf kommt es bei den Tests an
- Direkter Erregernachweis
- Antigen-Schnelltests als flexible Alternative
- Grünes Licht: Antigen-Selbsttests für alle
- Indirekter Erregernachweis mit Antikörpertests
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Wie gut wir durch die Pandemie kommen, hängt stark von den vorhandenen Testkapazitäten ab. Je mehr Personen getestet werden, desto schneller können Träger des Virus isoliert werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Dabei ist entscheidend, dass ausreichend viel Material für die Tests beziehungsweise Schnelltests zur Verfügung steht – und auch genügend Fachpersonal, dass die Tests durchführt und auswertet.

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Als Sparte der chemisch-pharmazeutischen Industrie produzieren die Diagnostika-Unternehmen die qualitativ hochwertigen Tests – ein wertvoller Beitrag für Gesellschaft und Gesundheitswesen. Allerdings sind Erforschung, Entwicklung und Produktion solcher Tests kosten- und zeitintensiv.
Da jeder Test nur eine Momentaufnahme sein kann, ist es wichtig, bestimmte Personengruppen, etwa Beschäftigte im Gesundheitswesen oder in „systemrelevanten“ Berufen, häufiger zu testen. Zusätzlich müssen die Testkapazitäten auch ausreichen, um infrage kommende Personen mit Symptomen, aber auch deren Kontaktpersonen zu überprüfen.
Folglich hatte die Branche mit Hochdruck gearbeitet und allein von Februar bis Juni 2020 ihre Kapazitäten um 1.800 Prozent gesteigert und weiterhin hochgefahren. Parallel dazu hatten die Labore in Deutschland ihre Testkapazitäten ebenfalls erhöht. Der Einsatz von PCR- und Antigen-Tests ermöglicht es, die Diagnostik des Coronavirus SARS-CoV-2 auf verschiedenen Geräten und Plattformen durchzuführen, was die Testkapazitäten deutlich ausweitet. Darüber hinaus sorgt das Point-of-Care-Testing (POCT), sogenannte „Schnelltests“, zusätzlich für mehr Flexibilität. Inzwischen sind auch Schnelltests auf dem Markt, die ohne medizinische Vorkenntnisse durchgeführt werden können.
Darauf kommt es bei den Tests an

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Die Entwicklung von SARS-CoV-2-Tests ist anspruchsvoll. Es existieren Labortests und Testmethoden für den direkten Erregernachweis mittels PCR- und Antigen-Tests und für den indirekten Nachweis durch Antikörpertests. Letztere werden nicht in der Akutdiagnostik eingesetzt. Mehrere Dinge sind bei den Testmethoden wichtig:
- Zum einen muss die Probe korrekt entnommen werden, damit der Test selbst seinen Zweck erfüllen kann und das Ergebnis des Tests am Ende einen verlässlichen Befund ergibt.
- Dazu bedarf es medizinisch geschultes Personal für die Probenahme und für die Durchführung der Tests, denn die Tests sind immer „professional use only“.
- Darüber hinaus müssen die Tests eine möglichst hohe Sensitivität und
- eine möglichst hohe Spezifität gewährleisten.
Sensitivität und Spezifität sind statistische Maße. Die Sensitivität (Empfindlichkeit) eines Virustests gibt an, mit welcher prozentualen Wahrscheinlichkeit eine tatsächlich infizierte Person als infiziert (positiv) erkannt wird. Die Spezifität (Zielgenauigkeit) eines Virustests gibt an, mit welcher prozentualen Wahrscheinlichkeit eine tatsächlich nichtinfizierte Person als nichtinfiziert (negativ) erkannt wird. Der Vorhersagewert eines Tests hängt auch von der Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) ab. Hinzu kommt das „Setting“, also vor welchem Hintergrund, welcher Umgebung oder Fragestellung ein Test durchgeführt wird. All dies fließt am Ende in den ärztlichen Befund mit ein.
Alle Testmethoden gibt es für die Analyse im Zentrallabor und auch als Schnelltests. Patientennahe Point-of-Care-Tests ermöglichen Resultate innerhalb weniger Minuten. Sie werden außerhalb einer Laborumgebung eingesetzt, z. B. im Rettungsdienst, in der Notaufnahme oder in der Arztpraxis. Insbesondere Antigen-Schnelltests werden inzwischen umfangreich zur Testung asymptomatischer Personen verwendet, etwa Bewohner, Beschäftigte und Besucher in Pflegeeinrichtungen oder Schulen.
Aber wie testet man nun, ob sich jemand mit Corona infiziert hat? Dazu kommen verschiedene Methoden in der Akut-Diagnostik zum Einsatz: sogenannte PCR-Tests und Antigen-Tests für das Zentrallabor und als Point-of-Care-Test.
Direkter Erregernachweis
PCR-Tests sind der Goldstandard
PCR-Tests sind ein molekulardiagnostisches Verfahren. Sie liefern genetische Nachweise für eine Vielzahl medizinischer Fragen, u. a. diagnostizieren sie das Erbgut von Erregern wie Viren, Bakterien oder Parasiten. Der Nachweis von genetischem Material des SARS-CoV-2-Virus erfolgt per real time Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (rtRT-PCR). Bei diesem Testverfahren wird das Erbgut des Virus vervielfältigt und mithilfe eines Farbstoffs sichtbar gemacht. Der Name der PCR („Polymerase-Kettenreaktion“) verrät bereits, wie das Verfahren funktioniert. Polymerasen sind Enzyme, deren Aufgabe die Vervielfältigung von DNA ist. Auf das hohe Tempo einer PCR deutet der Begriff „Kettenreaktion“ hin. Die Vervielfältigung läuft exponentiell ab: Aus einem DNA-Abschnitt werden zwei. Im nächsten Zyklus werden beide erneut abgelesen und kopiert, sodass vier entstehen. Aus den vier werden acht, aus acht 16 und so fort. Innerhalb von meist 20 bis 40 Zyklen entstehen dadurch in kurzer Zeit genug Kopien eines DNA-Abschnitts, um eine Diagnose abzuleiten. Welcher DNA-Abschnitt in der PCR vervielfältigt werden soll, wird mithilfe sogenannter „Primer“ (kurze DNA-Fragmente) festgelegt. Zwei solche Primer markieren den Anfang und das Ende der DNA-Sequenz, die in der PCR vervielfältigt werden.
Dazu muss vom medizinischen Personal eine Probe aus Nase oder Rachen der Testperson genommen werden. Diese Probe wird anschließend mit verschiedenen Chemikalien (Reagenzien) behandelt, um das Erbmaterial von anderen Bestandteilen des Virus freizulegen. Das Erbgut wird im Anschluss aufgereinigt und wieder mit bestimmten Chemikalien und Enzymen gemischt. Bei verschiedenen Temperaturen können diese Enzyme das Erbgut vervielfältigen. Das Ergebnis wird mithilfe eines Farbstoffs sichtbar gemacht. Das Prinzip ist ganz einfach: Sind Viruspartikel vorhanden, lässt sich das Erbgut vervielfältigen und sichtbar machen. Sind keine Virenbestandteile vorhanden, bleibt die Reaktion aus.
Verschiedene Hersteller bieten neben den einzelnen Test-Komponenten auch integrierte Komplettlösungen für den direkten Erregernachweis an: Große technische Geräte übernehmen dabei die Probenaufreinigung (Extraktion) und die anschließende RT-PCR – vollautomatisiert.

Probenahme und Anlieferung ins Labor
Mit einem Tupfer wird ein Abstrich genommen. Dieser Tupfer wird in ein Röhrchen geschoben, das mit einem Barcode versehen ist, das Röhrchen verschlossen und ins Labor gebracht. So kann die Probe nach der Laboranalyse eindeutig dem Patienten zugeordnet werden. Das Röhrchen wird gemeinsam mit vielen anderen Proben in einem Hightech-Labor analysiert.

Molekulardiagnostische Analyse der Probe
Vollautomatisiert übernimmt das System die molekulardiagnostische Analyse mithilfe mehrerer Reagenzien. In den folgenden vier Prozessschritten wird das genetische Virusmaterial (RNA) von SARS-CoV-2 extrahiert und isoliert, vervielfältigt, eingefärbt und durch mathematische Berechnung nachgewiesen. Das dauert etwa drei Stunden.

Ergebniskontrolle durch Experten
Laborärzte begutachten und kontrollieren die Testergebnisse und erstellen den Befund. Dieser wird anschließend ins Laborinformationssystem eingespeist.

Quelle: Roche
Information des Arztes
Der behandelnde Arzt erhält die Laborergebnisse und kann ggf. die adäquate Therapie des Patienten in die Wege leiten.
Antigen-Schnelltests als flexible Alternative
Auch Antigen-Tests gibt es als Point-of-Care-Lösung. Sie werden ebenfalls zur Akutdiagnostik eingesetzt und liefern das Ergebnis in weniger als 30 Minuten. Weil für sie kein Labor benötigt wird, können Antigen-Schnelltests gut in Arztpraxen, Seniorenheimen oder auch an Bahnhöfen und Flughäfen eingesetzt werden. Im Vergleich zum RT-PCR-Test im Zentrallabor sind sie vergleichsweise schneller und einfacher durchzuführen. Das Bundesgesundheitsministerium schätzt den daraus resultierenden Bedarf auf aktuell 70 Millionen monatlich.
Bei den Antigen-Tests wird keine Virus-DNA nachgewiesen, sondern bestimmte Protein-Strukturen auf der Oberfläche der Viren sichtbar gemacht. Die Probenahme erfolgt ebenfalls aus Nase oder Rachen, die technische Lösung ist jedoch eine andere. Die Probe wird auf einen Chip gegeben, der an einen Schwangerschaftstest erinnert und diesem auch in seinem Funktionsprinzip ähnelt. Auf dem Chip befinden sich Antikörper, die bei Kontakt mit dem Coronavirus eine Farbreaktion auslösen.
Viren können zudem sehr ähnlich in ihrer Struktur sein, das gilt vor allem für die Familie der Coronaviren. Deswegen ist es bei den Antigen-Tests wichtig, eine hohe Spezifität zu erreichen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat in ihrem Leitfaden vom 11. September 2020 Mindestkriterien zur Qualität von Antigen-Schnelltests festgelegt. In Deutschland sind die Testhersteller verpflichtet, über diese Gütekriterien in der Gebrauchsanweisung des jeweiligen Tests zu informieren.
Grünes Licht: Antigen-Selbsttests für alle
Seit Mitte März 2021 werden erste SARS-CoV-2-Antigen-Selbsttests zugelassen und unter anderem bei Discountern angeboten. Die Probenentnahme ist jetzt vereinfacht, so kann zum Beispiel der Abstrich aus dem vorderen Nasenraum entnommen werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ( BfArM ) führt kontinuierlich eine Liste der zugelassenen SARS-CoV-2-Antigen-Selbsttests.
Indirekter Erregernachweis mit Antikörpertests
Anstelle eines Nasen-Rachen-Abstriches wird eine Blutprobe entnommen. Beim indirekten Nachweis wird die Reaktion des Körpers auf die Infektion erfasst. Antikörper bilden sich zum Teil während der akuten Infektion und danach und geben Hinweis auf eine Immunität. Antikörpertests dienen zur Feststellung einer durchgemachten oder noch laufenden Infektion, werden aber nicht für die Akut-Diagnostik eingesetzt.

Quelle: vorsorge-online.de
Neben der Akutdiagnostik gibt es noch die Möglichkeit des indirekten Erregernachweises. Hierfür werden Antikörpertests eingesetzt. Sie können aufzeigen, ob ein Mensch eine Infektion mit SARS-CoV-2 durchgemacht hat.
Antikörper haben – vereinfacht gesagt – die Form eines Ypsilons. Die Enden der beiden kurzen Arme sind so gestaltet, dass sie sich mit ihrem „Gegenspieler“, dem Antigen (Bestandteile eines Erregers), verbinden können – wie ein Schlüssel, der nur in ein Schloss passt.
Für einen Antikörpertest auf SARS-CoV-2 werden im Labor Bestandteile des COVID-19-Erregers (Antigene) mit einer Blutprobe zusammengebracht. Sind Antikörper vorhanden, docken sie mit den beiden kurzen Armen an diese Antigene an. Im Verlauf des Testverfahrens werden markierte Antikörper zugegeben, die wiederum an das lange Bein des SARS-CoV-2-Antikörpers (Primär-Antikörper) binden können.
Danach zeigt sich das Ergebnis. Ist am Ende des Testverfahrens eine starke Färbung oder ein intensives Leuchten erkennbar, bedeutet das, dass in der Probe viele der gesuchten Antikörper enthalten waren und der Mensch eine Infektion durchgemacht hat. Fällt das Ergebnis geringer aus, dann waren wenige oder gar keine Antikörper vorhanden.